Lange war er vergriffen, unser Titel zu Latium, der auch die Ewige Stadt beschreibt. Zwischenzeitlich wurde die Altauflage bei Amazon für 96 Euro gehandelt … Nun hat Neu-Autor Florian Fritz einen Neustart gewagt und ein feines Buch geschrieben. Heute verrät der Reisejournalist und Fotograf seine latinische Top Ten, darunter ein »ultimatives« Kloster, die besten Linsen, die er je gegessen hat, ein angesagtes Regional-Ristorante und nichts weniger als den schönsten Sonnenaufgang am Bolsenasee.
Bolsenasee
Wer Latium mit dem Auto bereist, für den ist der Bolsenasee mit dem gleichnamigen quirligen Städtchen am Nordostufer sozusagen das Einfallstor. Hier lässt sich schön baden, es gibt geräumige Campingplätze, als Geheimtipp eine großteils geschotterte Straße am grünen Westufer mit idyllischen Buchten, Fischerbooten und Einkehrmöglichkeiten.
Ein besonders malerischer Fleck ist der Ort Capodimonte ganz im Süden auf einem Felsen gelegen. Beim Sonnenaufgang auf der zentralen Piazza glitzert der See, und am Horizont verschwimmen Wasser und Himmel – ein Moment für die Ewigkeit.
Civita di Bagnoregio
12 km östlich von Bolsena thront ein uraltes Städtchen wie eine gigantische Burganlage auf einem zerbröselnden Tuffsteinfelsen, erreichbar nur über eine kühn geschwungene Fußgängerbrücke.
Was vor Jahren fast komplett verlassen war, kostet neuerdings sogar Eintritt – und chinesische Willkommensschilder locken die Touristen in Souvenirläden … Trotzdem haben die schmalen Gassen und das phantastische Panorama ihren Reiz, und am Abend lässt man sich im malerischen Ristorante Alma Civita nieder.
Vulci
Südlich des Bolsenasees, im äußersten westlichen Zipfel Latiums, stand einst auf einem Felsplateau eine großartige Etruskerstadt. Ihre Grabanlagen sind zum Teil erhalten, und später bauten die Römer auf den Überresten eine neue Ortschaft auf. Ein Rundgang führt über das staubige Plateau, über Pflastersteine und am idyllischen Flussbett entlang, und in der Mitte von Nirgendwo grasen weiße Maremmarinder mit eindrucksvollen Hörnern.
Nur wenige Kilometer entfernt liegen die Thermen von Vulci mitten in der Pampa. Schwefelhaltiges Wasser ergießt sich in blendendweiße Bassins, an der strohmattengedeckten Bar gibt es Cocktails und Panini, Schatten bieten nur die riesigen Sonnenschirme. Das Vergnügen ist nicht gerade günstig, aber seeeehr gechillt und perfekt für einen Tag des dolce far niente, des süßen Nichtstuns. Wenn nach dem Nickerchen auf der Liege der Blick schweift, begegnet ihm nichts als – Landschaft …
Monte Terminillo
Eine kurvige Passstraße führt auf den Hausberg der Römer: Der Monte Terminillo ist sommers (Wandern) wie winters (Skifahren) ein beliebtes Ziel. Auf deftige Küche trifft man im Rifugio Sebastiani direkt an der Straße.
Wer gut zu Fuß ist, wählt den Aufstieg zum felsigen Gipfel (eine dreistündige Rundtour) und belohnt sich mit der wohl spektakulärsten Aussicht Latiums auf Latium. Tipp: Früh losgehen, sonst schmilzt man in der Hitze dahin wie Büffelmozzarella.
Altopiano di Rascino
Eine einsame Hochebene ganz im Osten Latiums, umgeben von karstigen Hängen, mit einigen Agriturismi und einem fischreichen See.
Schon die Zufahrten über holprigen Teer oder gar Schotter sind eher abenteuerlich. Oben erwarten einen das Spiel von Sonne, Schatten und Wind, und im Frühsommer herrliche, quadratkilometergroße Blumenwiesen. Hier gedeihen die Linsen von Rascino. Sie sind mit dem Slowfood-Siegel ausgezeichnet und die allerallerbesten Linsen, die der Autor jemals gegessen hat. Klein, fest, dunkelbraun, einfach köööööstlich!
Im Supermarkt erhält man sie allerdings nicht, sondern bei den Höfen auf der Hochebene oder in den Geschäften der kleinen Orte der Region. Einfach nachfragen!
Subiaco, Kloster San Benedetto
Das ultimative Kloster, sozusagen. Der Stammsitz des Heiligen Benedikt ist in atemberaubender Lage an eine senkrechte Felswand gemörtelt. Sobald man eintritt, entdeckt man nichts als Fresken: in Oberkirche, Unterkirche, in der Kapelle des Heiligen – farbenfrohe Wandbilder aus Jahrhunderten, wohin auch das Auge blickt.
Unten, im Klostergarten, wird spanisch gesprochen, da iberische Benediktinermönche das Kloster bewirtschaften. Ein besinnlicher Ort, aber in der Saison am besten ganz früh oder am Abend herkommen, denn nur jenseits der Touristenbusse ist dieser einmalige Platz zu erspüren.
Sperlonga
Die weiße Stadt auf einem Felsen an der Riviera di Ulisse wirkt fast schon apulisch. Drum herum nix als Badestrände, teils in felsigen Buchten, teils weit geschwungen mit Blick bis zum Felsklotz des Monte Circeo im Westen. In der Nähe die Höhle des römischen Kaisers Tiberius, die der Herrscher als Domizil bevorzugte, um seiner gestrengen Mama Livia in Rom nicht allzu nahe sein zu müssen.
Und im Zentrum des lebendigen Ortes, der seine besten Stunden am Abend hat, lässt sich nicht nur prächtig in engen Gassen und Winkeln Verstecken spielen, sondern auch wunderbar speisen, zum Beispiel im angesagten Ricciola Saracena. Ein lichter Raum, einige Tische draußen in der schmalen Gasse, die Küche kilometro zero, will sagen, mit regionalen Zutaten, ein rosafarbener Himmel, milder Abendwind – alle Ingredienzen für einen perfekten romantischen Abend sind hier beisammen.
Ninfa
Romantische Gärten in den Ruinen einer mittelalterlichen Stadt, die einst ein Dutzend Kirchen ihr Eigen nannte: das sind die Zutaten, die Italiener lieben. Entsprechend gutbesucht sind sie, die Gärten von Ninfa, die nur zu bestimmten Tagen im Jahr offen haben und zwingend online reserviert werden müssen.
Doch selbst das Anstehen in der Schlange hat was, wenn sich alle freuen und geduldig warten (so ganz anders als daheim im Supermarkt), bis einen die Führung zwischen blühenden Bäumen, vorbei an überwucherten Mauerresten und entlang träge fließender Bachläufe lotst … Und drum herum gibt es auch allerhand zu sehen: die alten Bergorte Norma und Sermoneta und das ausgedehnte Hochplateau der Ruinenstadt Norba, beliebter Startort der latinischen Gleitfliegerszene.
Ponza
Nur mit dem Schiff geht es auf die malerische Insel, und das Auto sollte man tunlichst auf dem Festland lassen. Denn es gibt eh nur eine Straße, und die wird im Minutentakt von Inseltaxis befahren. Der Hauptort bietet verwinkelte Gassen, einen farbenfrohen Hafen und hunderte von mehr oder weniger gepflegten Katzen, die, sagen wir es mal so, allerorten ihre Geschäfte verrichten – also: mind your steps!
Über das Tourismusbüro kann man die erst vor einigen Jahren wiederentdeckten römischen Zisternen besichtigen, Badebuchten gibt es zuhauf, auch einige schöne, panoramareiche Wanderungen, und ein exquisites Lokal ist A Casa di Assunta, wo die gleichnamige Mamma hoch über dem Ort eine phantastische lokale Küche fabriziert. Wer abends einen Platz auf der Terrasse bekommen hat (unbedingt reservieren!), ist tatsächlich im siebten Himmel angekommen.
Ostia Antica
Eigentlich an der geographischen Schnittstelle zu Rom, aber in römischer Zeit eine eigene Hafenstadt und deshalb hier der Schluss- und Höhepunkt der latinischen Top Ten.
Während drum herum der stinkende, lärmende römische Stadtverkehr tobt, findet auf dem weitläufigen Gelände der Hafenstadt jeder seine ganz persönliche Lieblingsruine. Ob Amphitheater, Thermen, Schmiede, Bäckerei oder was es sonst noch alles gegeben haben mag: endlose gepflasterte Straßen führen hindurch zwischen gigantischen Schirmakazien, und je länger die Schatten werden, desto geheimnisvoller wirkt die Ruinenstadt – eine Erkenntnis, die sich auf das ganze vielfältige, farbenprächtige, an vielen Ecken unerforschte und daher unbedingt bereisenswerte Latium übertragen lässt.