Unser Freund Süleyman von der Reşadiye-Halbinsel hat meerblaue Augen, das Dunkelblond seiner Haare ist mittlerweile einem gediegenen Grau gewichen. Süleyman jagt gerne Oktopus, bereitet ihn am Abend im Weinsud zu und trinkt dazu stets ein paar Gläser Rakı. Süleyman liebt seine Heimat. Er kennt Europa. Schön sei Deutschland, sagt er, aber nicht zu vergleichen mit seiner ruhigen, sonnigen Halbinsel. Wenn Süleyman über die See blickt, sieht er in der Ferne die griechische Insel Sými - das sittenstrenge Anatolien liegt weit hinterm Horizont. Die Bewohner der buchtenreichen Küstenlandschaft waren jahrhundertelang mehr von den vorgelagerten griechischen Eilanden beeinflusst als vom frommen Hinterland. Das prägt sie bis heute. Käppi und Kopftuch? Selten. Stattdessen trifft man an der Südägäis auf eine Weltoffenheit und Lebensfreude wie kaum anderswo in der Türkei. Dazu auf eine der besten Küchen des Landes, mit viel frischem Fisch und goldgrünem Olivenöl. Keine 50 Jahre ist es her, sagt Süleyman, da herrschte zwischen den Bauern der Reşadiye-Halbinsel und den Fischern der Bozburun-Halbinsel noch reger Tauschhandel: ein Kilo Fisch gab's für einen Liter Olivenöl. Heute geht's einfacher: Flugticket, Bares und Freude am Entdecken genügen, um in Süleymans Welt, eine der faszinierendsten Küstenlandschaften rund ums Mittelmeer, einzutauchen.