On Tour

Letzte Rettung:
Autostop

In unserer Glosse »On Tour« geht es um die Abenteuer während einer Recherche. Denn auch in der Reisebranche gilt Murphys Law: Was schief gehen kann, geht auch schief. Heute stellt sich unser Neuseeland-Experte Dietrich Höllhuber den Schwierigkeiten des Trampens, weil gerade wieder einmal kein Bus mehr fährt. Sein Buch zu Down Under ist übrigens trotzdem fertig geworden und 920 Seiten stark (1. Auflage 2007).


Autostop (neudeutsch: hitchhiken) ist aus der Mode gekommen, denn entweder hat man sowieso ein Auto oder man ist organisiert unterwegs (kürzlich in Neuseeland: Backpackerbusse). Trotzdem kann es schon mal ziemlich wichtig sein, dass man den Daumen in einer tendenziell unanständigen Art und Weise hebt und damit seine Bereitschaft signalisiert, einsamen und gelangweilten Autofahrern Gesellschaft zu leisten.
Solchen Zwangssituationen war ich im letzten Jahr einige Male ausgesetzt. Als nicht mehr taufrische Erscheinung und vom falschen Geschlecht (junges Mädchen müsste man sein …) jedes Mal mit Hoffen und Bangen. Aber keine Angst, es funktioniert! Wie in Alaska: Die nette Dame, die versprochen hat, uns abzuholen, ist nicht gekommen. Auf dem Highway nach Hope (was für ein Name!) fährt durchschnittlich ein Auto alle zehn Minuten. Also Daumen hoch: der fünfte Wagen hält: Deutsche auf Alaskatrip, später checken sie im selben B & B ein wie wir (es gibt nur eines).


35 km zu Fuß oder Ich komme mir vor wie der Typ von der Aral-Werbung

Drei Tage (und ein Abenteuer) später am Highway durch die Kenai-Halbinsel ist weit und breit kein Bus (der fuhr an dem Tag eine Stunde früher, wusste vorher natürlich niemand …). Also wieder »thumbs up« und erneut Deutsche: Mutter im Original (noch in den 40ern rübergemacht), Sohn zweifelsfrei Ami, aber Deutsch versteht er. »Selbstverständlich bringen wir euch nicht nur nach Seward, sondern auch bis zum Motel.« So ist das mit den Deutschen.
Zwei Monate später in Neuseeland (fleißig für den MM-Band recherchierend) habe ich mich verlaufen. Von den Tablelands bin ich – statt zum Flora Saddle – zum Cobb Valley abgestiegen. Der Umweg war schön, aber jetzt waren es noch 35 km bis Takaka, wo ich eigentlich landen sollte. Und natürlich – kein Auto weit und breit (und das mitten in der Woche!). Ich laufe wie der Typ von der Aral-Werbung. Plötzlich höre ich Fahrgeräusche von hinten. Ein ziemlich ältliches Auto mit meinem persönlichen Schutzengel hält. Tatsächlich ist es der Kerl, mit dem ich vor zwei Nächten die Balloon hut geteilt habe. Er wollte nach Süden absteigen, aber hat sich’s anders überlegt. Wohin ich will? Motueka? Good as gold, mate, da wohnt er, sind eh nur 70 km …


Hitchhiken in Montenegro

Wie man daraus messerscharf schließt, macht Hitchhiken ziemlich Spaß. Die drei Stunden im Regen am Parkplatz vor dem Manastir Moraca wollen wir dabei einfach einmal links liegen lassen. Schließlich gab es in Montenegro (ein Buchprojekt, das ich – verwerflich! – für einen anderen Verlag recherchiert habe) auch angenehme Autostop-Erlebnisse: die Slowenen, die an der Bushaltestelle stehen blieben zum Beispiel, uns nach unserem Ziel fragten und zum richtigen Busstop brachten. Der LKW-Fahrer mit dem wir wild über Gott und die Welt radebrechten und der von uns am Schluss nur einen Händedruck wollte. Und das deutsche Paar, das mich im Hinterland von Risan ungefragt auflas und zurück zum Hotel Teuta brachte. Macht wirklich Spaß, das Hitchhiken! Ganz ehrlich.

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