Volker Feser ist einer unserer Autoren für die ganz ausführlichen Recherchen. Schon sein Ecuador-Reiseführer fasst satte 600 Seiten! Gemütlich getoppt hat er das nur mit USA – Südwesten mit Kalifornien, einem Band, der 912 Seiten stark ist. Wie sehr der in Augsburg geborene und seit drei Jahrzehnten in Ecuador lebende Reisebuchautor mit seinen jeweiligen Zielen verwächst, erkennt man auch an diesem Artikel.
Volker Feser hat sich neun besondere Touren herausgegriffen, die auf einer Arizona-Rundfahrt von Los Angeles bis Las Vegas – oder umgekehrt – in knapp zwei Wochen per Mietfahrzeug gut machbar sind: rockige Pfade eben!
Es muss gar nicht der Grand Canyon sein. Denn der 295.000 Quadratkilometer große Bundesstaat hat noch viel mehr zu bieten, sogar Besseres – und je nach Location von Overtourism light bis hin zur seelenbaumelnden Einsamkeit abseits der ausgetretenen Pfade.
Im Goldenen Oktober, wenn sich Himmel und Erde in den sattesten Farben wiegen, zog es mich per „Schlafmobil“ vom subalpinen Flagstaff über Sedona an der Kante des Colorado-Plateaus bis hinab in die Weiten der Sonora- und Chihuahua-Wüsten: von der euphorischen Gesetzlosigkeit der roten Felsszenarien in die pastorale Stille inmitten blaugestaffelter Bergsilhouetten.
Eine wichtige Info vorab: Für alle Trails gibt es in den Visitor Centers gute kostenlose Skizzen zum Verlauf einzelner Pfade, teils mit Fotos – sehr praktisch! Außerdem ist alles gut ausgezeichnet, weshalb man nicht unbedingt GPS-Daten benötigt. Wer sich doch die Waypoints herunterladen möchte, wird auf der (deutschsprachigen) Website von AllTrails fündig.
Die dicht bewaldete Idylle unter vertikalen, cremefarbigen Coconino-Felsklippen in einer mäandernden Schlucht mit Gebirgsbach, den es mit 13 Bachüberquerungen auf teils glitschigen Steinen zu überhüpfen gilt – Wanderstöcke helfen! –, ist der Publikumsrenner zwischen Flagstaff im Norden (30 km entfernt) und Sedona im Süden (17 km entfernt). Der Pfad endet für Normalo-Hiker an einer Klamm, wo der sich hindurchzwängende Oak Creek zum eiskalten Pool wird.
Anreise: Der Parkplatz (40 Stellplätze je $11) am Meilenstein 384,5 der hier schmalen wie kurvigen SR-89A öffnet um 8 Uhr. Man sollte schon eine halbe Stunde vorher an der Schranke der Shady Lane stehen, um so der Wanderschar zuvorzukommen und zudem nicht an einer der wenigen entfernt gelegenen Lücken am Straßenrand parken zu müssen.
Egal wohin man von Sedona auch schaut, überall ragen Zinnen, Klippen und Mesa-Klötze empor, die zum Sunrise oder Sunset rotorange aufleuchten. Vergleiche mit der monumentalen Schönheit des Grand Canyon sind keinesfalls übertrieben. Anders als bei dessen Vertikalität lässt es sich hier in einem Netz aus Aberdutzenden von Pfaden viel angenehmer wandern. Das einzige Hindernis stellt mitunter die Schwierigkeit dar, eine Parklücke zu finden.
Zum irren Catwalk aus Supai-Sandstein über der sich hier ausladenden Red-Rock-Arena geht es nur gegen Ende über ein paar Felsbrockenstufen. Will man der Wanderschar ein Schnippchen schlagen, um für Das Foto nicht Schlange zu stehen, sollte man kurz nach Sonnenaufgang eintreffen – Ende Juni gegen 5 Uhr morgens, im Oktober gegen 7.
Anreise: Achtung, es gibt zwei Möglichkeiten, diese Tour zu unternehmen! Die attraktivere Variante startet am kleinen Parkplatz des Mescal Trail, einem Teilabschnitt des Chuckwagon Trail. Am westlichen Ortsrand von Sedona geht es von der SR 89A über die Dry Creek Road auf die Boynton Pass Rd. (FR 152C), dann rechts auf die Long Canyon Road zum Trailhead (= Ausgangspunkt). Auf 1,9 km Länge schlängelt sich der Weg durch einen Wald mit Sandsteinbach. Um zeitraubendes Irregehen bei Dunkelheit zu vermeiden, könnte man das Waldstück am Tag zuvor mal ablaufen (retour 1 Std.). Dahinter führt vis-à-vis der hier staubigen Dry Creek Rd. der Devils Bridge Trail nach 1,5 km zur Brücke hoch.
Man erlebt eine superbe Red-Rock-Kulisse – ohne sich dabei zu verausgaben! Mit Felsformationen wie The Mitten, The Fin oder Steamboat Rock im Blickfeld geht es über dem Mormon Canyon teils über Steinstufen auf die grasige Mesa, über der sich die Wände des Wilson Mountain türmen. Wer nicht den Small Talk mit Touristen aus aller Welt sucht, bricht früh auf!
Anreise: Zum Parkplatz sind es vom Kreisel in Uptown Sedona nur 3 km über Jordan Road und W Park Ridge Drive. An einer Stelle geht es über Felsplatten, aber ein Vierradantrieb ist nicht nötig.
Abgeschiedenheit statt Wanderhorden, rockiges Workout statt Fußmarsch, immerwährendes Cinemascope-Panorama anstatt Aussichtspunkte. Schattenlos geht es zwischen Felsblöcken erst auf einen Sattel mit Rundumsicht (6 km retour, 4–5 Std.). Vom Ende des Sattels bis zum obersten letzten Gipfel wird der Blick dann nicht viel besser und gerade dieser Abschnitt verschlingt die Kraftreserven. Bear Mountain ist der Inbegriff einer Wanderung, die nicht das Ziel, sondern den Weg verinnerlicht. Zu beachten: nicht an heißen Sommertagen, festes Schuhwerk, Wanderstöcke, den weißen Pfeilen folgen!
Anreise: Am westlichen Ortsrand von Sedona geht es von der SR 89A auf die Dry Creek Road, die nach 3,2 km in die Boynton Pass Rd. (FR 152C) übergeht. Dieser folgend ist nach weiteren 5,9 km rechter Hand der Trailhead vis-à-vis des Parkplatzes erreicht.
Noch was ist zu sagen: Sedonas aufgesetzte, elitär-urbane New-Age-Aura – siehe S. 523 im Reiseführer – verflüchtigt sich übrigens nicht erst mit der am Stadtrand beginnenden Felsen-Wildnis, sondern bereits in Nickʼs Westside mit deftigen Frühstücken und Hauptspeisen zu moderaten Preisen. Das urklassische Lokal liegt strategisch in Richtung zahlreicher Trails an der 2920 W SR 89A – mein Tipp!
Eine Bilderbuch-Sonora-Wüste mit Blick auf die Superstition Mountains offenbart sich zu Füßen des klobigen Picketpost (1.334 m) auf einem Segment des 1.300 km langen Arizona-Trail von Utah nach Mexiko. Unter der Woche ist man oft alleine. Nach sacht ansteigenden 5,3 km zweigt der AZ-Trail nach Süden ab – hier retour. Nur Wanderfüchse werden sich den Loop um den Picketpost vornehmen (16 km, 5–7 Std.). Vom AZ-Trail-Abzweig führt der Pfad bald östlich in den grünen, schattigen Telegraph Canyon mit Bachbett zwischen den Felsen, dann nördlich via Arnett Canyon Trail/L.O.S.T. Trail wieder zum AZ-Trailhead. Dieser östliche Abschnitt führt in ein ganz anderes Ökosystem. Doch läuft man viel im Wash (= meist trockenes Flussbett) und durch hohes Gras, wo gerne diese Schlangen klappern – außer im Winter! Gelegenheitswanderer sollten sich eher auf den durch offenes Gelände verlaufenden westlichen Abschnitt mit AZ-Trail beschränken.
Anreise: Der Trailhead liegt 50 km östlich von Phoenixʼ Apache Junction nahe dem hundertjährigen Boyce Thompson Arboretum, Arizonas größter Botanischer Garten. Vom US-60 gehtʼs 2 km davor rechts auf den staubigen Uno-Trail, dann links auf den E Saddleridge Trail bis zum Parkplatz (2 km). 800 m davor sind wunderbar weitläufig verteilte Camping-Spots.
Der zweigeteilte, westlich und östlich von Tucson gelegene Nationalpark ist berühmt für seine großen Bestände an Saguaro-Kakteen. Die endemischen Galionsfiguren der Sonora-Wüste können 18 m hoch und über 200 Jahre alt werden. Wobei sich ihre gerippten, bis zu zehn Tonnen schweren Säulen erst nach 70 Jahren zu verzweigen beginnen.
Im östlichen Parkareal liegt am asphaltierten Cactus Forest Loop Drive der Loma Verde Trailhead, von dem eine nahezu flache Rundwanderung durch wunderbare Sonora-Vegetation abführt, einer Kombination aus den drei Trails Loma Verde, Pink Hill und Squeeze Pen (6 km, 2,5 Std.), bevor wieder der kleine LV-Parkplatz erreicht ist.
Anreise Loma Verde Trailhead: Von der Hauptzufahrt (3693 Old Spanish Trail) mit Visitor Center kommt nach 5,6 km auf dem einspurigen Cactus Forest Loop Drive der Trailhead.
Panoramareich ist eine Loop-Kombi aus den fünf Trails Douglas Spring, Carrillo, Three Tank, Wildhorse und Garwood (9 km, gut 4 Std.) über die unteren Flanken des Tanque Verde Ridge (225 Höhenmeter). Die Stadt Tucson gerät außer Sicht, bevor es wieder in die extrabreite Saguaro-Ebene hinabgeht.
Anreise Douglas Spring Trailhead: Dieser Parkplatz liegt außerhalb am nördlichen Rand des Rincon Mountain District bzw. ganz am östlichen Ende des E. Speedway Boulevard.
Die von Geronimo angeführten Chiricahua-Apachen nannten die gigantische 2.978 m hohe Gebirgsinsel über der Chihuahua-Wüste „Land der auferstandenen Felsen“. Wie eine Armee aus segmentierten Totempfählen wachen die balancierenden Säulen- und Sockelskulpturen aus grau-braunem Rhyolith über den von Bachläufen gespeisten Auen und Schluchten. Es gibt über 100 Vogelarten wie den Eichelspecht und den lustigen blaugeflügelten Mexican Jay (Graubrusthäher). Ein Weißwedelhirsch oder Nasenbär lässt sich gerne mal blicken, ein Schwarzbär ist Glücksache. Der hübschen wie Zorro um die Augen maskierten Schwarzschwanz-Klapperschlange will man eher nicht begegnen. Doch ist gerade diese sehr scheu und weit weniger toxisch als andere Grubenottern.
Die anstrengende Rundwanderung führt ins abgelegene Herz dieses Felsenlabyrinths. Vom Parkplatz/Trailhead auf 2.066 m geht es auf insgesamt sieben Trails erst runter in den Echo Canyon mit Hoodoo-Grotten, dann zum Upper Rhyolite Canyon in den unteren Wald (1.823 m), auf den Sarah Deming Trail in den oberen Wald, zu den Hoodoo-Highlights am Heart of Rocks Loop, zum Big Balanced Rock Trail auf dem Bergrücken mit beidseitigem Panorama (2137m), in die Schlucht des Mushroom Rock Trail – den Pfifferlings-Hoodoo oben links nicht verpassen – und wieder bergan auf dem Ed Riggs Trail.
Anreise Echo Canyon Trailhead: Die westliche einzige Zufahrt zum Chiricahua NM ist von Tucson (190 km) über die I-10 (Exit 336 Willcox) und die SR 186 zu erreichen. Vom Kontrollhäuschen (1.562 m) sind es auf dem ansteigenden Bonita Canyon Drive noch 12 km zum Echo-Canyon-Parkplatz. Schön ist der schattige Campingplatz ($20) nahe Visitor Center.
In den Dragoon Mountains (2.290 m) über der Chihuahua-Wüste verschanzte sich in den 1860ern der Apachen-Häuptling Cochise mit seinen Kriegern und ihren Familien. Kolossale Granitblöcke überwachen den Canyon-Zugang zu seinem einstigen Stronghold (Felsenbollwerk) in dieser geheimnisumwitterten Sky Island. In einer unbekannten Felsspalte ruhen seine Überreste. Der getreu seinen Spuren folgende, von üppiger Wild-West-Natur und Gebirgsbach-Romantik nur so strotzende Pfad hoch zur Divide (Wasserscheide) ist mein schönster Trail in Arizona: „Richte dein Antlitz der Sonne zu und alle Schatten fallen hinter dich“ (alter Indianerspruch).
Anreise: Von Tucson via I-10 (Exit 318), Dragoon Rd., Cochise Stronghold Rd. und Ironwood Rd. nahe Sunsites/US191 sind es 130 km zum Trailhead am schattigen Campingplatz ($20); die letzten 7 km Staubpiste mit vier leichten Bachdurchquerungen. Etwa 3 km davor finden sich tolle gratis Camping-Spots unter Eichen mit ratternden Spechten. Hierher schafft es jedes Fahrzeug. Von dort zum Chiricahua NM sind es 70 km via US191/SR181. Gut & günstig ist The Kountry Kafe in Elfrida (50 km).