Im mittelamerikanischen Naturparadies Costa Rica kann man die Seele baumeln lassen. Juliane Israel, die den Reiseführer Costa Rica für uns geschrieben hat, ist begeistert von der landschaftlichen Vielfalt, den Farben, der bunten Tier- und Pflanzenwelt des kleinen Landes. Etwa 27 % der Fläche stehen unter Naturschutz, Ökotourismus ist dort keine Randerscheinung, sondern wird stark gefördert. Juliane Israel nimmt Sie mit in eine ganz besondere Unterkunft, die Selva Bananito Ecolodge.
Ich blicke von meiner Hängematte in dichtes Grün, blaue Morphofalter tanzen vorbei, ein Kolibri nascht vom Nektar einer Helikonia-Blüte. Grillen zirpen, Vögel zwitschern, der dicht bewaldete Gipfel des Cerro Mochila ragt in der Ferne empor. Es ist ein Paradies. Gibt es das wirklich noch? Sieht ganz so aus. Die Dschungel-Hütte, in der ich gerade die Seele baumeln lasse und spüre, wie schön die Welt sein kann, liegt in der Selva Bananito, ein Regenwaldgebiet unweit der Küstenstadt Limón in Costa Rica.
Schon die Anfahrt ist Teil des Abenteuers. Vom Küsten-Highway geht es ab auf eine schmale Straße, die über 6 km zum Dorf Bananito Sur führt. Bald endet der Asphalt, der Weg wird zur Piste, ein Schild „Selva Bananito“ weist auf das Ziel hin. Meine Familie und ich erreichen ein hohes Tor, der Eingang zu einer anderen Welt. Das eigene Auto bleibt nun stehen. Bis zur Lodge geht es mehrmals durch das Flussbett des Río Bananito. Deshalb werden wir von Guide Alan mit einem Pickup abgeholt. Die Kinder sind begeistert von der Tour auf der offenen Ladefläche und jubeln, wenn das Wasser bei der Fahrt durch den Fluss an den Seiten hochspritzt.
Nachdem wir uns ein bisschen von der Anfahrt erholt haben, spazieren wir über das weitläufige Gelände. Mehrere rustikale Hütten verteilen sich zwischen sanften Hügeln und tropischen Pflanzen. Pferde grasen auf saftigen Wiesen. Tukane fliegen vorbei. Im Rancho, dem offenen Speisesalon, treffe ich Jürgen Stein, den Besitzer des Selva-Bananito-Reservats.
Er steht auf der hölzernen Terrasse und späht in die Bäume. Brüllaffen haben Position bezogen und lümmeln entspannt in den Ästen. „Da haben sie 1250 Hektar Primärwald zur Verfügung und lungern hier an der Lodge herum“, sagt er schmunzelnd. Jürgen setzt sich engagiert für den Schutz des Waldes ein. Dieser ist nicht nur Rückzugsort für bedrohte Tierarten wie Jaguar, Ozelot und Tapir, sondern bildet einen Wildkorridor zwischen dem Naturschutzgebiet Parque Nacional de la Amistad, das sich Costa Rica und Panama teilen, und Schutzgebieten der Küstenregion. Außerdem versorgt die Reserva Bananito die nahe Küstenstadt Limón und ihre knapp 100.000 Einwohner mit Trinkwasser.
Seiner Meinung nach tut die Regierung zu wenig, um private Waldbesitzer beim Schutz ihrer Gebiete zu unterstützen. „Für 5 Hektar Tropenholz werden bis zu 20.000 Dollar gezahlt. Es wird für Möbel und Bauholz verwendet. Erst kürzlich habe ich bei einem Rundflug über das Gebiet illegale Holzarbeiter entdeckt und sie gemeldet. Die Maschinen wurden konfisziert, einige Hintermänner geschnappt. Doch 5 Hektar Wald waren verschwunden. Der wirtschaftliche Druck auf den Wald ist enorm.“ Doch seinen Wald abholzen? Das wäre für Jürgen keine Option.
Dabei hat alles einmal ganz anders begonnen. Jürgens Großvater ist 1926 von Deutschland nach Kolumbien ausgewandert. Dort wurde Jürgens Vater geboren, der mit seiner Familie in den 1970er-Jahren wiederum nach Costa Rica übersiedelte – aus Sicherheitsgründen. Jürgen war damals 8 Jahre alt. Sein Vater erwarb das heutige Gebiet am Río Bananito und war hier jahrelang das Gegenteil eines Naturschützers, er war selbst Holzfäller. Rudi Stein ernährte seine Familie, indem er Bäume im großen Stil abholzen ließ. Aufgewachsen mit der Vorstellung, gutes Geld zu verdienen und etwas aus seinem Leben zu machen, sah er den Wald aus rein wirtschaftlicher Sicht. Dass es seinen Sohn Jürgen schon in jungen Jahren schmerzte, wenn ein Baum fiel, und er sich auch später weigerte, die Motorsäge in die Hand zu nehmen, missfiel dem Vater. Er hatte dafür kein Verständnis. Noch nicht.
Es kam der Moment, als Jürgen und seine beiden Schwestern den Vater baten, mit dem Abholzen aufzuhören. Stattdessen ökologisch zu wirtschaften. Umzudenken. Eine Öko-Lodge aufzubauen auf Grundlage von nachhaltigem Tourismus. Das war 1995. Ein fortschrittlicher Ansatz für die damalige Zeit. Und dann ging es los. Die ersten Hütten wurden gebaut. Aus Altholz. Mit schön viel Platz und einer Holzterrasse mit Weitblick ins Grüne. Heute warten 16 schicke Holzhütten auf Gäste, die das etwas andere Naturerlebnis suchen. Es gibt kein Internet und nur die Grundversorgung mit Strom in den Hütten, das Abendessen wird bei Kerzenschein eingenommen. Das ist wunderbar. Ein Ort zum Abschalten, für interessante Gespräche und unvergessliche Wanderungen in den Primärwald und Ausritte über die Plantagen.
Nähere Infos gibt es auf selvabananito.com.