Grotesk große Kreuzfahrtschiffe, Touristenfluten und ein Jahrhunderthochwasser hat die Stadt in den letzten Jahren weggesteckt. Während der Pandemie 2020 war die Serenissima eine Geisterstadt, und im Markusbecken schwammen Delfine. Und jetzt? Müssen die gigantischen Pötte einen Bogen um die Altstadt machen, und ein Fluttor namens MO.S.E. soll die Stadt vor der nächsten Acqua Granda bewahren. Die Top Ten von Sabine Becht und Sven Talaron, den Autoren des MM-City Venedig, navigieren Sie zu den großartigsten Sehenswürdigkeiten, auf den besten Aussichtspunkt und zu den schönsten Inseln der Lagune.
Natürlich kann es hier voll werden. Wie sollte es auch anders sein angesichts der Grandezza, die sich rund um den Platz entfaltet? Einzigartig und weltberühmt öffnet La Piazza ihre Herrlichkeit zum Bacino di San Marco hin. In byzantinischer Pracht strahlt die Fassade der Basilica di San Marco, nahtlos schließt der grandiose Dogenpalast an. Ein Besuch beider gehört – allen Warteschlangen zum Trotz – zum Pflichtprogramm. Gerahmt wird das Revier des geflügelten Löwen von den eleganten Arkaden der Prokuratien und der Ala Napoleonica (darin das absolut sehenswerte Museo Correr), überragt vom mächtigen Campanile. Kein Wunder also, dass so viele Besucher aus der ganzen Welt von diesem Platz angezogen werden. In den frühen Morgenstunden aber oder am Abend ist es hier wunderbar ruhig.
Venedig könne man nur mit sich selbst vergleichen, meinte schon Goethe. Wer die Unvergleichlichkeit dieser Wasserstadt erleben möchte, kommt nicht umhin, eine Fahrt (z. B. mit dem Vaporetto Linea 1) über den einzigartigen Canal Grande zu unternehmen, der in elegantem Schwung Venedig in zwei Hälften teilt. Vier Kilometer Fassadenpracht gleiten vorbei, vom Bahnhof Santa Lucia unter der weltberühmten Rialtobrücke hindurch bis zur Mündung ins Markusbecken, ein Palast prächtiger als der andere!
Die Dame war exzentrisch, so viel steht fest. Hier im Palazzo Venier dei Leoni am Canal Grande lebte Peggy Guggenheim von 1948 bis zu ihrem Tod 1979. Schon in den 1920er-Jahren begann die junge Erbin, Kunst zu sammeln, die bei der ersten Nachkriegsbiennale 1948 zu sehen war, ab 1951 war ihr Palazzo auch Galerie – und ist heute eines der bedeutendsten Museen für moderne Kunst in Venedig. Sie selbst fand im Innenhof des Palazzo ihre letzte Ruhe, im Kreise ihrer „beloved babies“, der geliebten Lhasa-Apso-Hunde. Ein besonderer Ort in Venedig, nicht zuletzt auch wegen der Terrasse zum Canal.
„L’Ombra“ ist der Schatten, einst war damit der Schatten des Campanile di San Marco gemeint, in dem die Weinhändler ihre Stände aufbauten. Heute steht die Ombra für das kleine Gläschen Wein zwischendurch, dazu gibt es Cicheti, die köstlichen Häppchen, bunt belegt mit allem, was die Lagunenküche so hergibt. Über die ganze Stadt verteilen sich die Bàcari, die urigen Weinschenken, die allermeisten gibt es um den Rialtomarkt. Wer es etwas feiner mag, geht zum klassischen Aperitivo, z. B. ins altehrwürdige Caffè Lavena am Markusplatz auf einen „Spritz“ am Tresen.
Gleich zweimal ist dieses glanzvolle Opernhaus abgebrannt, und zweimal wurde es in alter neuer Pracht wieder aufgebaut. „Rigoletto“ und „La Traviata“ wurden hier uraufgeführt, Wagner wurde hier bejubelt, und auf der Bühne standen u. a. Maria Callas und Luciano Pavarotti – das Gran Teatro La Fenice ist sicher eine der renommiertesten Opernbühnen der Welt. Wer keine Opernkarten mehr bekommt, kann sich mit einer Audio-Tour durch das Haus trösten.
Als erste Adresse für einen Rundumblick über die Stadt im Wasser wird zumeist der Campanile von San Marco genannt. Für uns aber entfaltet sich kein Venedig-Panorama großartiger als von seinem Zwilling schräg gegenüber: dem Kirchturm auf der kleinen Klosterinsel San Giorgio Maggiore. Von hier öffnet sich eine gewaltige Aussicht über die Stadt, mit dem Dogenpalast im Zentrum. Atemberaubend!
Äußerlich ist die Basilica Santa Maria Gloriosa dei Frari, kurz: „I Frari“, ein kolossaler, aber eher schlicht gestalteter Backsteinbau. Im Inneren strebt am Hochaltar Tizians berühmte „Assunta“ dem Himmel entgegen, flankiert von zahlreichen kostbaren Altarbildern (u. a. vom großen Giovanni Bellini), Skulpturen und Grabmonumenten. Neben so manchem bedeutendem Dogen hat auch Tizian hier seine letzte Ruhe gefunden, wie auch der Bildhauer Antonio Canova und der Komponist Claudio Monteverdi.
Von allen Sestieri, den Stadt-„Sechsteln“ Venedigs, findet Cannaregio vielleicht am wenigsten Beachtung. Dabei haben seine Gassen und Kanäle einiges zu bieten: die wunderbare Chiesa Santa Maria dei Miracoli beispielsweise oder Tintorettos Hauskirche Madonna dell’Orto, die prachtvolle Ca’ d’Oro und nicht zuletzt das jüdische Viertel. Beliebt ist Cannaregio auch bei jüngerem Publikum, das sich zum Essen oder auf ein Glas Wein an der Ausgehmeile entlang des Rio della Misericordia einfindet.
Seine ausgedehnten Giardini hat Venedig Napoleons Wunsch nach mehr Grün zu verdanken. Seit 1895 findet hier die Kunstbiennale statt, heute im zweijährlichen Wechsel mit der Architekturbiennale. Apropos Architektur: Allein die 29 Länderpavillons in der grünen Anlage am Rand von Castello sind schon einen Besuch wert. Die Highlights der Ausstellung, die auch Teile des Arsenale und diverse Locations in der Stadt umfasst, definieren sich jedes Jahr aufs Neue, das nächste Mal vom 20.04. bis 24.11.2024 (Kunstbiennale).
Ohne die Lagune wäre Venedig nicht, was Venedig ist. Sie bot der Serenissima über die Jahrhunderte Schutz vor Feinden und versorgte die Venezianer mit frischem Fisch. Auf Torcello nahm die Lagunenbesiedlung ihren Anfang, eine abgeschiedene grüne Insel – 40 Vaporetto-Minuten von Venedig entfernt – und eine Oase der Ruhe mit zwei Kirchen und Museum. Und wenn man schon mal hier ist, sollte man sich auch das gegenüberliegende Burano mit seinen fotogenen bunten Häuserzeilen und den tollen Fischrestaurants nicht entgehen lassen.