WO? 1 Dame Court +++ Luas Green Line Trinity, Bus C1/C2/C3/C4/39/69 u. a.
Dame Street +++
WANN? Dienstags um 20 Uhr +++
stagshead.ie/event/ukelele-tuesday +++
WIE LANGE? Ca. 3 Stunden +++
WIE VIEL?
Kostenlos +++
das mir den Weg in eine dunkle Gasse weist. Da ist es schon: Stag’s Head, ein uriges viktorianisches Pub, das bereits seit Jahrhunderten existiert. Auch über der Eingangstür prangt der Kopf eines Geweihträgers. Ich trete ein und schlängle mich durch die Menge der meist mit Guinness bewehrten Menschen. »Hi there!« Also, ich möchte ein Pint of Five Lamps, ein helles Bier, um mich zu beruhigen. Ehrlich, ich bin nervös. Hier in dieser wundervollen Kneipe mit poliertem Tresen und hölzernen Wänden, Spiegeln an der Wand, zig Zapfhähnen, aus denen Bier fließt, soll heute der Ukulele Tuesday stattfinden. Und ich will daran teilnehmen, obwohl ich, Achtung, diese Mini-Gitarre mit vier Saiten überhaupt nicht spielen kann! Angeblich ist es ganz leicht, die Session soll toll sein – und Hopfen beruhigt, oder?
»Äh, und wo ist hier der Ukulele Tuesday?«, frage ich vorsichtig. »Oh«, antwortet der Barmann, »da müssen Sie jetzt raus auf die Straße, rechts um die Ecke und sich anstellen!« Ach so. Das wird ja immer aufregender. Kurz danach stehe ich am Ende der Schlange. Mein Vordermann, sein Instrument lässig über die Schulter gehängt, dreht sich um und meint beim Anblick meines Pints, das sei eine sehr gute Idee, sich vorab mit einem Drink zu versorgen. Und dann geht es auch schon los: Über knarzende Holzstufen steigen wir nach oben in ein Nebenzimmer mit rötlich-goldenen Tapeten an der Wand, kleinem Tresen und Barmann. Im Raum sitzen bereits einige Ukulelespieler vor Mikrofonen. Songbooks werden ausgeteilt. Eine junge Frau drückt mir kurzerhand eine Leih-Ukulele in die Hand. »Aber ich habe das noch nie gemacht«, stammle ich. »So what!«, lautet die Antwort. »Play along!« Und sie zeigt mir, dass hinten auf der Ukulele die Akkorde aufgemalt sind. Außerdem sind sie auf der großen Leinwand zu sehen und im Liederbuch. Na gut, bei C-Dur und a-Moll kann ich mitspielen, denn dazu braucht man nur einen Finger auf eine der vier Saiten zu drücken.
Inzwischen ist der Raum brechend voll, und alle spielen und schmettern lauthals Dirty Old Town. Die Stimmung steigt, um mich herum lächelnde, tanzende und singende Leute. Ein warmes Bad, buchstäblich: Der Raum heizt sich auf, Platz zum Sitzen ist schon lange nicht mehr, aus den Hähnen fließt das Bier. Und es wird lauter und lauter. Bei Psycho Killer von den Talking Heads flippen alle kollektiv aus. Eine singt ein gekonntes Solo. Ein anderer spielt Cajón dazu. Der neben mir grinst mich an und schreit: »I love it!« Wow, das ist nicht zu toppen, denke ich. Doch weit gefehlt. Als Kiss von Prince dran ist, kocht die Hütte. Tatsache, die Dubliner sind echte Feierbiester, und so eine Jamsession sorgt für die Ausschüttung von Glückshormonen ohne Ende. Die Ukulele habe ich längst weitergegeben und gröle nur noch lauthals mit. Was für ein Event! Am ganzen Körper kribbelt’s. Ich werde mir eine Ukulele kaufen und sie spielen lernen. Ganz sicher. Das muss man erlebt haben!
Die meisten gehen auf einen weiteren Drink runter ins historische Pub Stag’s Head. 1770 erbaut, 1895 umgebaut und seitdem in diesem Zustand belassen, ist es eine Sehenswürdigkeit für sich: mit rotem Leder bezogene Sofas und Barhocker, Kronleuchter an den Decken, Marmorplatten auf den Tresen, Buntglasfenster. Kein Wunder, dass das Stag’s schon mal eine Briefmarke geziert hat.
Dies ist eines von 33 Erlebnissen in Dublin, die außergewöhnlich sind und abseits der Routen stattfinden, aufgeschrieben von Reisebuchautorin Judith Weibrecht. Der Artikel ist erschienen in Dublin – Abenteuer (1. Auflage 2023) innerhalb der Reihe MM-Abenteuer.