Abenteuer erleben

Teil 28: Ich seh den Sternenhimmel
Sternegucken im Sternenpark Westhavelland

Autorin Gabriele Tröger<br>
Autorin Gabriele Tröger
Autor Michael Bussmann<br>
Autor Michael Bussmann

+++ Steckbrief +++

WO? 60 bis 80 Kilometer westlich von Berlin +++ Von Berlin Hbf. mit der RE4 bis Nennenhausen (Dauer 50 Minuten, nahebei ein Beobachtungsplatz) oder bis Rathenow und von dort mit dem Fahrrad in die Kernzone (s. u.) +++
WANN? Die langen Tage zwischen Mai und Juni sind weniger geeignet; Einen perfekten nachtschwarzen Himmel mit hochgedimmten Sternen erlebt man in mondarmen Nächten etwa eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang +++ sternenpark-westhavelland.de, westhavelland-naturpark.de +++
WIE LANGE? So lange man will +++
WIE VIEL? Kostenlos, der Naturpark ist frei zugänglich +++

Illustration einer Hand, die ein Smartphone in der Hand hält. Auf dem Bildschirm sieht man Sternbilder.
Illustration: Mirja Schellbach

Manche Sachen gibt es nur im Märchen.

Oder in Zeichentrickfilmen von Walt Disney. Und in Gülpe/Brandenburg. Über uns funkeln die Sterne. Vor uns auch. Dort spiegelt sich das Firmament im Wasser. Und wenn man einen Stein ins Nass plumpsen lässt, fangen die glitzernden Sterne auf den sich ausbreitenden Wogen zu tanzen an. Eine magische Nacht, wahrlich wie im Märchen. Hier in Gülpe, inmitten des Naturparks Westhavelland. Wir sind an einem der dunkelsten Orte Deutschlands. Lichtverschmutzung durch künstliche Lichtquellen existiert hier kaum. 2014 wurde die Region von der International Dark Sky Association daher zum ersten deutschen Sternenpark gekürt. Der Park ist etwa halb so groß wie das Saarland. Die Kernzone, das allerdunkelste Eck, liegt zwischen den Orten Parey, Kriele, Dreetz und Joachimshof.

Ein Nachthimmel voller Sterne
Eine klare Nacht. – Foto: Michael Bussmann

Erster Partygast war Jupiter.

Als er im Süden auftauchte, brannte im Westen noch Licht am Horizont. Jetzt ist der Himmel so schwarz wie das Herz des Teufels. Jetzt steht Jupiter in trauter Eintracht bei Saturn, jetzt sind die zwei die leuchtenden Stars. Am Nordhimmel dominiert der Große Wagen und sein kleiner Bruder, dessen Deichselspitze der Polarstern bildet. Wir sehen Kassiopeia emporsteigen. Wir sehen Satelliten ihre Bahnen ziehen. Wir sehen Perseiden aufblitzen, Sterne schnuppen – die Wünsche eines ganzen Jahres könnte man für diese Nacht aufheben. Und wir sehen die Milchstraße. Die Galaxis aus Hunderten Milliarden Sternen hellt den Himmel auf und verwandelt ihn in ein dramatisches Gemälde. Wir sehen Atair und Adler. Deneb im Schwan und Wega in der Leier. Das alles sehen wir, weil es unsere Sternenapp  SkyView verrät. Ohne sie könnten wir kein Raumschiff fliegen, wären verloren im Universum. Sie ist das Sternchen auf dem i dieses kleinen Abenteuers, das wir nur eine Fahrstunde von Berlin entfernt erleben. In einer weltraumschwarzen Nacht seine eigene Bedeutungslosigkeit zu erkennen, das ist schon eine Nummer.

Illustration von zwei Personen, die durch ein Teleskop schauen.
Illustration: Mirja Schellbach

Was neben der Sternenapp

sonst noch ins Gepäck sollte: eine Stirnlampe. Eine Picknickdecke. Ein dicker Pulli. Moskitospray. Ein Stativ für gute Fotos. Und ein Fläschchen Wein, getrunken am besten aus handfesten Campingbechern, die beim Umwerfen in der Dunkelheit nicht kaputtgehen. Dafür extra Licht anzuknipsen, ist keine gute Idee. Die Augen brauchen eine Weile, um sich danach wieder an die Dunkelheit zu gewöhnen. Die Stirnlampe benötigt man, um auf den Wegen zu den Beobachtungsplätzen nicht vor den Karnickeln zu erschrecken, die durchs nachtschwarze Dorf hopsen. Denn rund um den angeleuchteten Kirchturm von Gülpe herrscht Finsternis, dringt nur das blaue Flimmern der Fernseher hinter den Gardinen nach draußen. Als Laie muss man übrigens nicht die ausgewiesenen Beobachtungsplätze ansteuern. Die Sterne mehr, die man dort sieht, fallen nicht ins Gewicht. In der menschenleeren Gegend findet man überall hübsche Örtchen zum Gucken. Und tagsüber zum Entspannen: zwischen Auen und Stromtalwiesen. Erlen- und Birkenwäldern. Sümpfen und Mooren.

Ein See mit Ufer auf der linken Seite. In der Mitte ist ein Steg mit Booten.
Na das sieht doch nach Wassersuppe aus. – Foto: Michael Bussmann

Wenn man schon mal hier ist:

15 Kilometer südöstlich von Gülpe erstreckt sich der Hohennauener See, um den ein 23 Kilometer langer Wanderweg führt. Dieser passiert u. a. den tollen Sandstrand von Hohennauen (daneben das idyllische Fischrestaurant Strandgut). Etwas weiter macht es sich ein Dorf mit dem netten Namen Wassersuppe gemütlich. Wassersuppe bietet hinter seiner Badestelle einen Wasserwanderrastplatz mit Grillmöglichkeit und einen kleinen Wohnmobilstellplatz samt Sanitärgebäude.

Dies ist eines von 33 Erlebnissen außerhalb von Berlin, die außergewöhnlich sind und abseits der Routen stattfinden, aufgeschrieben von Reisebuchautorenduo Gabriele Tröger und Michael Bussmann. Der Artikel ist erschienen in Berlin außenrum – Überlandabenteuer (1. Auflage 2022) innerhalb der Reihe MM-Abenteuer.

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