30 der 33 größtenteils kostenlosen und günstigen Stadterlebnisse sind in Hamburg wieder möglich! Dabei spielen die Abenteuer in zahlreichen Stadtteilen, und sogar eine Bergtour, die Besichtigung eines geheimen Kunstclubs oder einen Bustrip durch den streng gesicherten Containerhafen kann man unternehmen. In unserer neuen Newsletter-Serie wollen wir Ihnen heute ein Erlebnis entlang der Elbe vorstellen. In der Stadt am großen Strom gibt es nämlich, wie in vielen Metropolen, sogenannte Greeters. Das sind Einheimische, die den Reisenden ihren eigenen Stadtteil zeigen. Ist das denn spannend? Lesen Sie selbst!
WO?
S-Bahnhof
Blankenese (vor dem Eingang von Starbucks)
+++ WO? S-Bahnhof Blankenese
(vor
dem Eingang von Starbucks) +++ WANN?
Auf
Nachfrage. Am besten, man schreibt 14 Tage vorher eine Mail, wobei
auch spontanere Teilnahmen immer wieder möglich sind. Geführt wird
man einzeln oder in Gruppen bis zu 6 Personen
+++
hamburg-greeter.de +++ WICHTIG!
Man
sollte gut zu Fuß sein. Auf individuelle Vorlieben wird aber
natürlich eingegangen +++ WIE LANGE? Etwa
2 bis 3 Stunden +++
WIE VIEL? Kostenlos!
Man kann die sympathische Philosophie der Greeter mit einer kleinen
Spende oder einem Geschenk unterstützen! +++
WIR SEHEN DIE »ECLIPSE« über die Elbe gleiten. Die drittgrößte Yacht der Welt, die Roman Abramowitsch zwischen 340 und 850 Millionen Euro gekostet hat, wird bei Blohm+Voss generalüberholt – und zieht majestätisch an Blankenese vorbei. Da sind Karin und ich schon zwei Stunden unterwegs, und ich habe so viel über den westlichen, sich an die Elbe schmiegenden Stadtteil gelernt, wie es nur schwerlich aus Büchern möglich scheint. Wer Karin ist? Eine von mehr als 100 Ehrenamtlichen, die ihre Lieblingsstadt allen Interessierten zeigen mag. Man nennt sie Greeter. Dass ich nicht schon längst nach einem solchen Greet gefragt habe, verwundert mich im Nachhinein selbst. Dabei sind die Hamburg Greeter die deutschlandweit größte Gruppe, die sich jedes Jahr um etwa 1.000 Besucher und Interessierte kümmert. Wir duzen uns sofort, ich erfahre, wo die nächste öffentliche Toilette liegt – und der Ritt beginnt.
IN DEN NÄCHSTEN zweieinhalb Stunden geht es kreuz und quer durch Blankenese. Obwohl Karin inzwischen in Eimsbüttel lebt, fühlt sie sich dem Stadtteil mit seinen acht Hügeln und zwei Tälern bis heute verbunden. »Das Reichen-Image«, erzählt sie, »ist nur eine Seite von Blankenese. Es gibt viele andere Historien und Histörchen, die man nur hier entdeckt.« Eine davon spielt im Baurs Park, von wo wir auf die Herstellungshallen von Airbus und ins Alte Land blicken – und ein Wohnhaus sehen, das der Stararchitekt David Chipperfield entworfen hat. Danach zieht es uns durch das verwinkelte Treppenviertel, in dem man sich wunderbar treiben lassen und dem Lokalpatriotismus der Hamburger nachspüren kann. Denn geflaggt wird an vielen der (Fachwerk-)Häuschen. Kein Wunder, denke ich. Wer hier mit Elbblick wohnt, der genießt sein Leben. Oder sollte das zumindest tun! Während wir ein paar der etwa 5.000 Stufen nehmen, erfahre ich die Hintergründe der »Klönschnacktüren«, und Karin zeigt mir das Haus, in dem Johannes Brahms einige Sommermonate verbracht hat. Ich sehe auch den »Affenfelsen « auf dem Kiekeberg und »höchstwahrscheinlich« Ottos Villa, die gut versteckt und etwas versetzt liegt – und mit skurrilen Tierfiguren und seltsamen Geweihen an einer Giebelwand auf sich aufmerksam macht …
IM KAFFEEGARTEN SCHULDT (einem Familienbetrieb seit 1877, zu dem man sogar Kaffeepulver mitbringen darf!) legen wir eine Pause ein – und ich kann ein paar Dinge loswerden, die Karin noch nicht wusste. Zum Beispiel, dass Bruno Tesch, der das Zellgift Zyklon B an Konzentrationslager auslieferte, in Blankenese gelebt hat, genauso wie Ulrike Meinhof, Mitbegründerin der RAF. Doch auch den Künstler und einstigen KZ-Insassen K. R. H. Sonderborg und den früheren SPIEGEL-Chefredakteur Stefan Aust zog es genau hierher. Ja, Blankenese ist widersprüchlich … Auf einer Treppenstraße mit dem herrlichen Namen »Rutsch« sehen wir dann die Abramowitsch-Yacht, bevor mich der kleine Stadtteilstrand mit seinen zwei Schiffswracks und ein etwas versteckter Römischer Garten oberhalb des Falkensteiner Ufers faszinieren. Als wir nach vielen Entdeckungen und noch mehr Gesprächen wieder am S-Bahnhof anlangen, ist es längst Nacht über Blankenese. Fast umarmen wir uns wie zwei alte Freunde. Was wir dann doch nicht tun. Wir sind schließlich in Hamburg und trotz aller Herzlichkeit immer noch hanseatisch …
WENN MAN SCHON MAL HIER IST: Die Idee der ehrenamtlichen und sehr persönlichen Stadtführungen geht auf Lynn Brooks zurück, die 1992 einen ersten Greeter-Verein in New York gründete. In Hamburg kann man noch 18 weitere Stadtteile vom Alstertal bis Winterhude mit Greetern erkunden. Wer auf dem Kiekeberg 1A etwas essen möchte, könnte in die vielfach gelobte Tapas-Bar Filón, tägl. meist von 12 bis 0 Uhr, 040/86646746, tapasfilon.de.
Hier können Sie direkt in die Leseprobe aus dem Buch reinschauen: